Lebenzyklus von Legionellen
Am 14.Januar 1977 – vor mehr als 40 Jahren – gelang dem Mikrobiologen Joseph McDade vom CDC die Isolierung eines bis dahin unbekannten Bakteriums aus den Lungengeweben von Mitgliedern der American Legion of Philadelphia, die einer mysteriösen spektakulären Epidemie im Bellevue Stratford Hotel in Philadelphia im Juli 1976 zum Opfer gefallen waren. Von den insgesamt 4000 älteren männlichen Teilnehmern erkrankten 189 an einer schweren Lungenentzündung. 29 Kriegsveteranen verstarben trotz aller Therapiemaßnahmen an den Folgen der Infektion. Die Entdecker tauften das Bakterium auf den Namen „Legionella pneumophila“. Es war der Beginn einer Ära, die zunehmend die wesentliche Rolle der Gebäudetechnik für die Gesundheit der Nutzer deutlich macht.
Obwohl wir seit der Entdeckung unser Verständnis zur Epidemiologie und Übertragung der Legionellen stark verbessern konnten, verbleiben immer noch viele ungelöste Fragen, speziell zu Aspekten der Luft-Wasser-Übertragung, der Virulenz von Stämmen und der unterschiedlichen Lebensformen dieser Bakterien, z.B. VBNC Stadien, sowie zu Beurteilungskriterien für die Nachhaltigkeit von Bekämpfungsmaßnahmen. Es wird auch immer mehr deutlich, dass bei Legionellen die Herausforderung in der Prävention der Erkrankung besteht.
Eigenschaften und Ökologie
Legionellen sind gramnegative, stäbchenförmige, intrazellulär wachsende bewegliche Bakterien aus der Gruppe der Gammaproteobacteria. Bis heute sind mehr als 60 Arten (http://www.bacterio.net/legionella.html; https://www.dsmz.de) mit vielen Untergruppen bekannt. Legionellen kommen ubiquitär in allen Oberflächenwässern und vom Menschen gemachten Wassersystemen vor. Sie wachsen bevorzugt bei Temperaturen von 30-42°C und finden damit in Trinkwasser-Installationen von Gebäuden optimale Wachstumsvoraussetzungen. Durch Wachstum in Biofilmen und insbesondere in einzelligen Lebewesen wie etlichen Arten von Amöben, Ziliaten, Schleimpilzen sind sie perfekt an Bedingungen mit geringem Nährstoffangebot angepasst. Im Gegensatz zu vielen anderen Bakterien werden sie von Amöben nicht verdaut, sondern nutzen die hohe Widerstandskraft des Einzellers als Schutzmechanismus und Ort der Vermehrung. Für eine Vermehrung sind Legionellen auf eine Interaktion mit Amöben angewiesen, eine Vermehrung außerhalb von Einzellern ist in der Natur die Ausnahme, wenn überhaupt möglich. Mehr als die Hälfte aller Arten sind pathogen für den Menschen. Die Mehrheit aller Infektionen in Europa, USA, Kanada und Japan werden durch L.pneumophila der Serogruppe 1 (Sg1) – Lp1 – hervorgerufen. Weitere häufige Serogruppen sind Sg 4 und Sg 6. Bei den non-pneumophila Arten sind am häufigsten L.micdadei, L.longbeachae, L.dumoffii, L.jordanis und L.bozemanii. L.micdadei gilt in Europa und USA als die Nummer 2 bei Infektionen. Methodisch bedingt könnte der Anteil von non-Lp1 jedoch deutlich unterschätzt werden. In anaerobem Milieu sind sie nicht vermehrungsfähig. Zum Wachstum auf künstlichen Nährböden benötigen sie spezielle Medien mit L-Cystein (schwefelhaltige Aminosäure) und Eisensalzen.
Typisch ist ein mindestens zweiphasiger Lebenszyklus (Abb.1), der durch eine relativ friedliche und sensible Vermehrungsform (replikative Form) und eine transmissive, aggressive, widerstandsfähige und infektiöse Lebensform innerhalb von Einzellern gekennzeichnet ist.
Legionellen benötigen für ihre Vermehrung die Interaktion mit einem Wirtsorganismus (Amöbe). Ob sie in der Lage sind, sich außerhalb, etwa in Biofilmen zu vermehren, wird diskutiert. Im Zyklus zwischen der friedlichen vermehrungsfähigen Form und der virulenten nicht mehr vermehrungsfähigen Infektionsform können menschliche Abwehrzellen, die Amöben ähneln, „versehentlich“ infiziert werden. Für die Legionellen ist dies eine Sackgasse, da keine neuen Wirte mehr besiedelt werden können.
Mit fr. Genehmigung Prof. Dr. rer. nat. Werner Mathys & Gebr. Kemper GmbH + Co. KG
Quelle: KEMPER Kompetenzbroschüre „Legionella, Pseudomonas und Co.“, 2 Auflage, Mai 2019 S.20
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