Aerosole (Inhalation von Legionellen)

Infektionsweg Legionellose

Die Legionellose ist das klassische Beispiel einer umweltbedingten Infektion. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist sehr unwahrscheinlich. In der neueren Literatur wird nur ein Fall als Folge extrem nahen Körperkontaktes bei der Pflege eines Angehörigen beschrieben.

Inhalation von Aerosolen

Als Hauptübertragungsmodus für eine Infektion durch Legionellen wird bei ambulanten Fällen eine Inhalation bakterienhaltiger Aerosole (5-10 μm) aus dem technischen Umfeld des Menschen tief in die Lunge angesehen. Bis heute konnte keine Konzentration / Anzahl von Legionellen im Trinkwasser /Aerosol definiert werden, die zur Auslösung einer Erkrankung führt.

Dass die Etablierung eines medizinisch abgeleiteten Grenzwertes prinzipiell quasi unmöglich ist, lässt sich unschwer aus dieser Abbildung

Faktoren die bestimmend sind für die Entwicklung einer Legionellose

erkennen. In einigen Publikationen werden Konzentrationen von 1.000-10.000 KBE/100 ml als Größenordnung für eine mögliche Gefährdung angesehen. Große Unterschiede lassen sich auch bei Analysen von Ausbrüchen finden: Ausbrüche mit Beziehung zu Rückkühlwerken waren in der Regel immer assoziiert mit hohen Konzentrationen an Legionellen –100.000 KBE/100 ml oder mehr. In Wassersystemen lagen bei Ausbrüchen die Konzentrationen zwischen 1.000 und 150.000/100 ml. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Bestimmung der Kontamination immer retrograd erfolgte.

Modelle zur Ermittlung einer Infektionsdosis durch Legionellen kommen zu sehr unterschiedlichen Werten und zeigen große Diskrepanzen je nach verwendeter Methode (Kultur, Molekularbiologie). Dies macht die Etablierung eines QMRA (Quantitative Microbial Risk Assessment) schwierig, wenn nicht unmöglich. Laborexperimente mit Meerschweinchen weisen eine erhebliche Spannbreite von 1.200 bis 1.000.000 KBE auf. Andere Autoren beschreiben Infektionen schon bei sehr geringen Konzentrationen im Tiermodell. QMRA Modelle aus Ausbrüchen kommen zu Werten zwischen 1-50 KBE.

Verbesserungen dieser Situation sind prinzipiell schwierig wegen des multifaktoriellen Geschehens: ausgeprägte Virulenzunterschiede bei einzelnen Stämmen, Einfluss von Einzellern und von Umweltfaktoren wie der Temperatur sowie der Empfänglichkeit des Infizierten. Amöben können bei 22-40°C Wassertemperatur Vesikel in lungengängiger Form freisetzen, die mehr als 800 Legionellen enthalten können. Ein einzelnes Vesikel kann so eine Infektion auslösen. Auch dieses Phänomen wird durch Kultur-basierte QMRA-Modelle nicht abgebildet und führt möglicherweise zu einer deutlichen Unterschätzung des Infektionsrisikos.

Der Verfasser hat große Zweifel, ob für wasserbürtige Krankheitserreger mit einer Vielzahl infektionsrelevanter Faktoren ein QMRA überhaupt ein sinnvolles Instrument innerhalb einer Risikoanalyse sein kann. Diese Sicht wird auch in einem gerade publizierten Kommentar vertreten.

Mit fr. Genehmigung Prof. Dr. rer. nat. Werner Mathys & Gebr. Kemper GmbH + Co. KG
Quelle: KEMPER Kompetenzbroschüre „Legionella, Pseudomonas und Co.“, 2 Auflage, Mai 2019 Auszüge S.22-25

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